180 Tagessätze für Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus.
33.300 Euro Strafe. 5000 Euro Schmerzensgeld Weil er fahrlässig in Österreich eine Skifahrerin totgefahren hat. Die Strafe mag üblich sein, er war auch geständig - soweit man das mit Gedächnisverlust sein kann.
Aber so schnell - gestern Anklagewerhebung, heute Prozess und Urteil - möchte das mal einer erleben. Wenn das in Österreich Standard ist, ok.
"Das geht sicherlich ins Guinness-Buch der Rekorde ein", sagte der rechtspolitische Sprecher der Unions- Bundestagsfraktion, Jürgen Gehb, der "Mitteldeutschen Zeitung". So lange "dauern bei uns in Deutschland die Zustellungsfristen".
Hier wären Untersuchungshäftlinge tatsächlich froh, wenn es so schnell bei Staatsanwaltschaft und Gericht zugehen würde.
Peinlich, da ist der Redaktion und mir doch glatt eine Berufungsverhandlung durch die Lappen gegangen. Die auch noch mit einem Freispruch endete. Freundlicherweise war der Richter aber bereit mir sein Urteil zu erklären.
Und da sehe ich auch eine Schwäche für den Bürgerjournalismus oder fürs Bloggen. Wenn jeder mit einem Blog seine Anfragen an Institutionen richten würde, kämen die a) nicht mehr zum arbeiten und b) würden sie irgendwann die unwichtig erscheinenden Medien aussieben. Oder große Pressekonferenzen einrichten. Womit wir wieder bei Formalismen wären, die man mit Bloggen ja auch durchbrechen wollte.
Neulich lobten mich doch glatt die Rechtsanwälte eines Angeklagten für meinen Artikel. Vor allem weil ich geschrieben hatte, dass der Zeuge den Angeklagten nicht eindeutig wiedererkannt hatte. Und auch der Staatsanwalt war zufrieden über den Artikel. Holla. Allen recht gemacht. Nein: Die Mutter des Angeklagten ärgerte sich über ein "überraschend". Denn dass sich ein anderer überraschend der Tat bezichtige, habe doch in ihrem Stadtteil jeder gewusst.
Klar. Natürlich ist das für jeden der die Akten kennt keine Überraschung gewesen. Nur kennen der Leser, der unbedarfte Zuschauer und auch die Schöffen nicht die Akten.
Es gibt ja feste Abläufe im Gerichtssaal. Die Richter kommen erst, wenn alle anderen - Anwälte, Angeklagte, Prozessparteien - da sind. Damit man bei deren Eintreten dann fein gemeinsam aufsteht. Und um sicherzustellen, dass das klappt, läuft einer erst dann ins Richterzimmer wenn alle da sind.
Das mit dem Aufstehen ist wie in den Gerichtsverhandlungen, die man aus dem Fernsehen kennt. Da können die Richter ziemlich pampig werden, wenn man sitzen bleibt. Oder Mützen aufhat.
„Ich will nicht, dass einer unschuldig im Gefängnis sitzt“, sagte der Zeuge. Und nahm die Tat, die dem Angeklagten zur Last gelegt wird, auf seine Kappe.
Interessant. Der Zeuge sitzt selbst in Untersuchungshaft, weil er einen Satz Überfälle begangen haben soll. Und vorher hatte er schon einige andere Strafen abgesessen. Dass er andere um ihren Besitz, und ihre körperliche Unversehrtheit gebracht hat, scheint ihn nicht so sehr zu belasten.
Ab und an bin ich ja als Gerichtsreporter unterwegs. Auch wenn es nicht so zugeht wie im Fernsehen oder US-Fernsehgerichten, gib es doch manchmal was zu erzählen. Dafür dieses Blog.
E-Mail: marc klammeraffe verwickeltes pünktchen de